Der Vortrag wurde bei der Gründungsversammlung des Vereins Umweltbahnhof Dannenwalde UBD e.V. gehalten und beinhaltet auch die damaligen längerfristigen Zielvorstellungen:
Ist nicht jeder Bahnhof ein Umweltbahnhof, weil hier halbwegs umweltfreundlich ein Ort erreicht werden kann? Das Auto nimmt mittlerweile bei allen großen Umweltproblemen die traurige Spitzenposition ein. Auch auf die Region im Norden Brandenburgs bezogen, muss leider festgestellt werden:
Der Begriff ist nur wenige Jahre alt und kann noch mit Leben gefüllt werden. Die bisherigen Definitionen des Umweltbahnhofes unterscheiden erst einmal grundsätzlich zwischen
1. der äußeren und
2. der inneren Verknüpfung.
Mit der äußeren Verknüpfung sind die Verkehrsbeziehungen gemeint, z.B. der Fahrplan der Bahn, aber auch die Frage der Verknüpfung mit anderen Verkehrsarten z.B. auch die Fuß- und Radwegenetze, die Zugänge zum Bahnhof und das gesamte Bahnhofsumfeld. Darüber hinaus steht der Umweltbahnhof für eine wieder stärker auf den Bahnhof ausgerichtete Siedlungsentwicklung, ein für Dannenwalde wahrscheinlich erst mal kein so vorrangiger Aspekt.
Die innere Verknüpfung bezieht sich mehr auf den Bahnhof selbst, z.B. die Bedingungen des Ein- und Aussteigens, die Aufenthaltsqualität, mögliche Beratungs- und andere Angebote im Bahnhof, die gesamte Bahnhofsgestaltung und darüber hinaus auch die möglichst ökologisch verträgliche Umgestaltung. Es geht um die Bedürfnisse der Bahnbenutzer im Bahnhof und dabei um die Benutzerfreundlichkeit, die Sicherheit und auch den Komfort für alle Benutzergruppen. Für Dannenwalde sei hier beispielhaft erwähnt, die notwendige Erschließung der zweiten Bahnhofsseite, aber auch die Problematik des Ein- und Aussteigens aller mobilitätsbehinderten Menschen, mit Kinderwagen, Fahrrad, Gepäck oder Rollstuhl.
Beide Ebenen zusammen, die innere und die äußere Verknüpfung, sollen den Umweltbahnhof zu einer Schnittstelle mit seiner Umwelt machen. Wir würden zu diesem wissenschaftlichen Definitionsversuch eine dritte Ebene hinzufügen:
3. Die Verknüpfung in unser aller Köpfe.
D.h. der Bahnhof muß auch wieder stärker eine der Schnittstellen unseres alltäglichen Handelns werden. Er muß einerseits ein positives Reisegefühl in uns verursachen, andererseits aber zu einem Routineanlaufpunkt täglicher Wege werden. Der Weg zum Bahnhof ersetzt den oft voreiligen Griff zum Autoschlüssel. Die anschließende streßfreie Fahrt wird als Belohnung empfunden.
lassen sich in folgenden vier Punkten zusammenfassen:
Unser Blick muss schon weit schweifen, vom östlichsten bis zum westlichsten Bundesland. Was den meisten wahrscheinlich nicht so gegenwärtig ist: Rheinland-Pfalz ist abgesehen von seiner Koblenz-Ludwigshafen-Achse ein überwiegend ländlich strukturiertes Flächenland. Insgesamt hat das Land zwar eine etwa doppelt so hohe Bevölkerungsdichte (Brandenburg ca. 90, Rheinland-Pfalz ca. 190 Ew/km²), es geht aber auch dort vorwiegend um die Anbindung von dünn besiedelten Regionen und auch um Gebiete mit touristischer Bedeutung. Insofern sind die dortigen Bemühungen durchaus für Brandenburg von Interesse. Der "Rheinland-Pfalz-Takt" mit seiner flächendeckenden Einführung des integralen Taktfahrplanes und dem dazugehörenden abschnittsweisen Streckenausbau, der Wiedereröffnung von Bahnhöfen und Strecken und das Modellvorhaben "Umweltbahnhof Rheinland-Pfalz" werden dort von der Bahn AG und vom Land unterstützt und, was ja nicht unbedeutend ist, auch weitgehend finanziert. Dabei ist Rheinland-Pfalz keineswegs das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, es ist mit seinen wirtschaftlichen Steigerungsraten das Schlusslicht der Altbundesländer. Aber, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Die Kernaussagen des Modellprojektes "Umweltbahnhof Rheinland-Pfalz" lauten: "Die Bahn zielt mit Unterstützung des Landes auf eine Trendwende zugunsten umweltfreundlicher Verkehrsmittel. Das Modellprojekt setzt die begonnene Aufwertung des Bahnreisens fort. Die Bahnhöfe als Schnittstelle sollen zu vorzeigbaren Visitenkarten des öffentlichen Verkehrs und der Städte werden. Der `Umweltbahnhof` soll sich als Ort und Zeichen einer umweltverträglichen Mobilität auszeichnen."
Es läßt sich zusammenfassen, dass es für den Begriff "Umweltbahnhof" noch keine eindeutige und für alle geltende Definition gibt. Es gibt ein paar Grundüberlegungen, eine ganze Reihe von möglichen Anforderungen und Ideen und Visionen. Das heißt:
Der kleinste Umweltbahnhof Deutschlands hat schon jetzt einige neue Aspekte in die Umweltbahnhof-Diskussion eingebracht. Dabei geht es keineswegs um große wissenschaftlich abgesicherte Rahmenbedingungen, sondern es geht in der Hauptsache um ganz kleine und auch profane Dinge.
Deshalb kann der Freundeskreis rund um den Umweltbahnhof durchaus schon jetzt ein wenig stolz darauf sein, dass es im Gegensatz zu vielen anderen geschlossenen Bahnhöfen diesen Haltepunkt der Bahn gibt, dass das Gebäude im Gegensatz zu den vielen anderen kleinen Bahnhöfen positiv genutzt wird. Der Weg ist das Ziel, und auch wenn niemand so recht weiß, was denn nun ein Umweltbahnhof ist; in Dannenwalde ist man auf dem richtigen Weg.
Dies ist eine aktualisierte Fassung des Artikels:
Herzog-Schlagk,Bernd: Was ist ein Umweltbahnhof? in InformationsDienst-Verkehr IDV, Heft 53, 18. Jahrgang, April 1997. Zu beziehen im Abonnement heute unter dem Titel: mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik und Bewegung. Bei: FUSS e.V. + UMKEHR e.V.(Hg.), Exerzierstr. 20, 13357 Berlin.
Weitere Informationen zum Thema "Umweltbahnhof" finden Sie in:
MEDIASTADT und Öko-Institut: Planungshandbuch Umweltbahnhof Rheinland-Pfalz, Mainz, Darmstadt, Freiburg 1995, im Auftrag Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz und Deutsche Bahn AG. Noch immer das Standardwerk zum Thema. Zu beziehen: Ministerium für Wirtschaft und Verkehr, Bahnhofstraße 4, 55116 Mainz.
Christ, Wolfgang: Umweltbahnhof Rheinland-Pfalz, SONDERDRUCK aus baumeister 9/95. Für die erste Kontaktaufnahme mit dem Thema geeignet, für Praktiker bietet es zu wenig Informationen. Zu beziehen: MEDIASTADT, Bauhausstraße 2, 99423 Weimar.
Loose, Willi und Christ, Wolfgang: Umweltbahnhof - Stadtentwicklung mit der Bahn, in Handbuch der kommunalen Verkehrsplanung, 12.Ergänzungs-Lieferung, 12/95, Pkt. 3.3.9.2., eine sehr brauchbare Zusammenfassung des Planungshandbuches.
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Stand: April 2021